Soziale Kompetenz: Definition, Beispiele, 6 praktische Tipps
Der Begriff „Soft Skills“ klingt wie: ganz nett, aber nicht unbedingt nötig. Das stimmt jedoch ganz und gar nicht. Soziale Kompetenzen entscheiden oftmals stärker über den Erfolg im Job als reine Fachkompetenzen.
Doch was sind soziale Kompetenzen genau und warum sind sie so wichtig? Welche gibt es? Wie finden und fördern Personaler:innen sozial kompetente Mitarbeitende? In diesem Artikel finden Sie alle Antworten.
Anforderungsprofile helfen, Mitarbeitende mit passenden sozialen Kompetenzen auszuwählen. Hier geht’s zur Vorlage.Definition: Was sind soziale Kompetenzen?
Soziale Kompetenzen sind ein Bündel an Fähigkeiten, die im Umgang mit anderen Menschen erforderlich und nützlich sind. In der Arbeitswelt werden sie zu den sogenannten Soft Skills gezählt: Interpersonelle Fähigkeiten und Eigenschaften, mit denen sich das Verhalten und die Einstellung von Mitarbeitenden (anderen und sich selbst) positiv beeinflussen lassen.
Interpersonelle Fähigkeiten wie Team- und Kommunikationsfähigkeit, Empathie oder Kompromissbereitschaft gehören dazu. Es gibt keine allgemeingültige Liste der interpersonellen Kompetenzen. Sie sind abhängig von der jeweiligen Situation und den kulturellen Hintergründen. Die Einordnung in die Soft Skills (deutsch: „weiche Fähigkeiten“) ist daher passend: Es gibt keine harten Kriterien dafür, wie hoch oder niedrig jemandes soziale Kompetenzen sind. Wie teamfähig jemand ist, lässt sich nicht objektiv feststellen oder in einer Skala messen.
In diesem Zusammenhang wird die soziale Intelligenz oft genannt: Die Fähigkeit, andere und ihre Emotionen zu verstehen und sich ihnen gegenüber passend zu verhalten.
Warum sind soziale Kompetenzen im Berufsleben wichtig?
Menschen können noch so intelligent oder gebildet sein: Wenn sie nicht in der Lage sind, ihr Wissen im Alltag praktisch anzuwenden, und vor allem im Team mit anderen zusammenzuarbeiten, werden sie kaum erfolgreich sein. Mitarbeitende, die allein an einer Maschine stehen, gibt es immer seltener. Wissens- und Dienstleistungsjobs erfordern ständige Kommunikation und Zusammenarbeit mit anderen.
Deshalb werden soziale Kompetenzen bzw. interpersonal Skills und allgemein die Soft Skills heute im Berufsleben als wichtiger eingeschätzt als Fachkompetenzen. Fachliches Wissen und Fähigkeiten lassen sich erlernen. Doch erst durch soziale Kompetenzen können Menschen das Potenzial dieser Fähigkeiten nutzen und einsetzen.
Wer soziale Kompetenz und interpersonelle Kompetenz besitzt, ist in der Lage, sich an sein soziales Umfeld anzupassen, auch die Menschen um ihn herum zu beeinflussen, und sich in schwierigen Situationen angemessen zu verhalten. In Unternehmen, in denen verschiedenste Menschen und Interessen in Einklang gebracht werden müssen, sind solche Fähigkeiten unverzichtbar.
Besonders für Führungskräfte werden soziale Kompetenzen als Schlüsselqualifikation angesehen. Sie müssen einerseits die Ziele des Unternehmens erreichen, andererseits ihre Teams motivieren und deren Interessen vertreten. Dafür brauchen sie ein hohes Mass an Empathie, müssen klug kommunizieren, sich aber auch durchsetzen können.
Welche sozialen Kompetenzen braucht Ihr Unternehmen?
Die Antwort schlummert in Ihrer Unternehmenskultur, denn Ihre Werte sind ein guter Indikator dafür, wie gemeinsam gearbeitet werden soll. Mehr dazu in unserem Leitfaden.
Hier Leitfaden herunterladenWas ist eine hohe soziale Kompetenz?
Es gibt keine einheitliche, allgemein akzeptierte Definition, welche Verhaltensweisen, Charaktereigenschaften oder Fähigkeiten als hohe soziale Kompetenz gelten. Solche Kompetenzen sind immer anforderungsbezogen: Es kommt darauf an, welche für eine bestimmte Aufgabe oder in einer bestimmten Situation erforderlich sind.
Ein Beispiel: In einer Werbeagentur bindet die Führungskraft alle Mitarbeitenden in die Ideenentwicklung und Entscheidungen ein, um das gesamte Potenzial zu nutzen. Sie muss sehr kommunikativ sein, aber hält sich eventuell eher im Hintergrund. In einem Feuerwehreinsatz würde diese Art Kompetenz oder Stil sogar gefährlich sein – die Führungskraft muss schnelle Entscheidungen treffen und klare Ansagen machen.
Soziale Kompetenzen sind auch stark durch den Kulturkreis geprägt. In manchen gilt es als erwünscht, Dinge zu hinterfragen, und auch gegenüber Vorgesetzten Kritik und Verbesserungsvorschläge zu äussern. Anderswo gälte ein solches Verhalten als äusserst respektlos und unsozial.
Grundsätzlich ist jemand also dann sozial kompetent, wenn seine interpersonellen Kompetenzen jeweils in seinem sozialen Umfeld, bei seiner Aufgabe und in einer Situation von Vorteil sind.
Psychologen definieren hohe soziale Kompetenz als eine Kombination aus Durchsetzungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit (nach Uwe Peter Kanning) – oder anders ausgedrückt, aus Konfliktfähigkeit und Kooperationsbereitschaft (nach Jens Asendorpf). Das bedeutet, dass jemand seine eigenen Ziele verfolgen und erreichen kann, ohne seine sozialen Beziehungen zu anderen zu gefährden.
Eine sozial kompetente Person weiss also, wann sie sich durchsetzen und andere für die eigenen Ziele gewinnen muss, und wie sie geschickt dabei vorgeht. Andererseits merkt sie auch, wann es besser wäre, sich anzupassen oder Kompromisse einzugehen.
Zuletzt ein wichtiger Hinweis: Hohe soziale Kompetenzen sind nicht bedingungslos „gut“ oder wünschenswert. Es kommt immer darauf an, wofür sie eingesetzt werden. Gerade Betrüger, kriminelle Anführer oder sogenannte toxische Mitarbeitende sind oftmals extrem charismatisch. Sie nutzen ihre Fähigkeiten, um andere zu manipulieren und für ihre eigenen Zwecke einzusetzen.
Liste: Welche sozialen Kompetenzen gibt es?
Wie bereits erwähnt: Eine allgemein anerkannte Liste der sozialen Kompetenzen oder interpersonal Skills gibt es nicht, da sie sich je nach Anforderung, Situation und auch Kulturkreis unterscheiden. Eine Reihe sozialer Kompetenzen werden in der Arbeitswelt allgemein als wünschenswert angesehen – auch wenn sie in der Praxis jeweils unterschiedlich ausgelebt werden.
In der folgenden Liste finden Sie eine Auswahl der wichtigsten sozialen Kompetenzen. Zu jeder Kompetenz nennen wir ein Beispiel, wie sie sich im Berufsalltag auswirken kann.
Selbsteinschätzung und Reflexion: Eine Person analysiert den Ablauf eines abgeschlossenen Projekts und erkennt, wo sie selbst Fehler gemacht hat. Sie beschliesst, in Zukunft in einer bestimmten Situation anders zu handeln.
Selbstdisziplin: Obwohl eine Person unbeobachtet im Home Office arbeitet, surft sie während der Arbeitszeit nicht in Social Media, sondern arbeitet konzentriert an ihren Aufgaben.
Eigenverantwortung: Eine Person erkennt ein dringendes Problem am Arbeitsplatz, das schwere Folgen haben könnte. Sie ergreift die Initiative und löst das Problem, ohne erst auf eine Anweisung der Führungskraft zu warten.
Teamfähigkeit: In einem Projekt naht der Liefertermin. Da ein Team-Mitglied krank wird, übernehmen die anderen bereitwillig dessen Aufgaben, damit sich die Lieferung nicht verzögert.
Kommunikationsfähigkeit: In einem Team funktioniert der Austausch reibungslos. Alle geben wichtige Informationen weiter, besprechen Entscheidungen und gehen offen auf Kolleg:innen zu, wenn es ein Problem gibt.
Konfliktfähigkeit: Zwei Personen sind grundsätzlich verschiedener Ansicht, wie die Arbeit erledigt werden sollte. Sie klären den Konflikt in einem ruhigen Gespräch, statt vor anderen darüber zu streiten.
Kompromissbereitschaft: Eine Person ist bereit, sich einer Entscheidung der Mehrheit anzuschliessen, obwohl sie selbst anderer Meinung ist.
Toleranz: Die Mitglieder eines Teams kommen aus unterschiedlichen Kulturkreisen. Sie akzeptieren, dass die jeweils anderen über bestimmte Themen anders denken, und versuchen nicht, sie von der eigenen Meinung zu überzeugen.
Empathie: Eine Person kommt wiederholt zu spät zur Arbeit. Die Führungskraft weiss jedoch, dass die Person gerade ein krankes Kind pflegen muss, und sieht deshalb eine Zeit lang darüber hinweg.
Überzeugungsfähigkeit: Eine Person sieht nicht ein, warum sie eine zusätzliche Aufgabe übernehmen soll. Im Gespräch kann die Führungskraft sie überzeugen, dass sie persönlich davon profitieren wird.
Motivationsfähigkeit: Das letzte Projekt war ein Misserfolg, die Ziele wurden verfehlt. Trotzdem schafft es die Führungskraft, ihr Team für das folgende Projekt zu begeistern und zu motivieren.
Durchsetzungsvermögen: Eine Geschäftsleitung möchte nicht, dass ihre Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten. Die Personalleiterin erkennt jedoch, wie wichtig das Thema ist, und kämpft dafür, Home Office zu erlauben.
Verhandlungsgeschick: Mitarbeitende fordern mehr Gehalt, das Unternehmen macht jedoch eine schwierige Phase durch. In Gesprächen erarbeiten beide Seiten einen Kompromiss, der für alle tragbar ist.
Wie fragt man soziale Kompetenz in der Bewerbung ab?
Viele Jobs erfordern hohe soziale Kompetenzen – daher müssen sie ein Kriterium für die Auswahl von Bewerber:innen sein. Andererseits sind soziale Kompetenzen schlecht messbar oder objektiv zu beurteilen. Wie können Personaler:innen im Auswahlprozess feststellen, ob potenzielle Mitarbeitende die erforderlichen Soft Skills mitbringen?
Der erste Schritt ist die Stellenbeschreibung und die Stellenanzeige. Zusammen mit der Fachabteilung müssen Personaler:innen – am besten auf Basis eines Anforderungsprofils – erarbeiten, welche sozialen Kompetenzen unbedingt erforderlich oder zumindest wünschenswert sind. Diese sollten sie konkret in der Stellenausschreibung nennen – und nicht aus Bequemlichkeit Standardphrasen wie „teamfähig, belastbar, eigenverantwortlich“ verwenden.
Vorlage zu Anforderungsprofilen herunterladenIm Interview sollte die Kandidat:innen nicht nur allgemein nach Kompetenzen gefragt werden; schliesslich würden alle behaupten, teamfähig zu sein. Personaler:innen können Bewerbende nach konkreten Situationen oder Erfahrungen fragen, in denen sie ihre sozialen Kompetenzen bisher bewiesen haben, zum Beispiel wie sie ein bestimmtes Problem gelöst haben oder unter Druck eine Aufgabe erfolgreich erledigt haben.
Vorlage: Passen die Kandidat:innen zum Unternehmen?
Mit Fragen zum Cultural Fit können Sie erkennen, ob die Bewerber:innen zum Unternehmen und seinen Werten passen. In dieser Vorlage finden Sie inspirierende Vorschläge dazu.
Jetzt Vorlage herunterladenSie können den Kandidat:innen auch eine fiktive Situation beschreiben oder eine Aufgabe geben und fragen, wie sie vorgehen würde. In einem Assessment Center müssen potenzielle neue Mitarbeitende im Team eine Aufgabe lösen, oftmals unter Zeitdruck. Dabei lässt sich gut beobachten, welche sozialen Kompetenzen sie haben und welche weniger.
Zuletzt kann die Personalabteilung Referenzen über Kandidat:innen einholen, mit ehemaligen Vorgesetzten oder Kolleg:innen sprechen – dafür sollte sie die Kandidat:innen im Voraus um Erlaubnis bitten.
Wie entwickelt man soziale Kompetenzen?
Im Gegensatz zu Fachkompetenzen oder Wissen lassen sich soziale Kompetenzen nicht so leicht erlernen, etwa in einem Seminar oder durchs Bücher lesen. Man kann sie nur langfristig, in kleinen Schritten weiterentwickeln.
>> Wie Sie ein Kompetenzmodell erstellen, erfahren Sie in diesem Artikel.
Personen, die sich verbessern wollen, sollten folgendes unternehmen – die Personalabteilung sollte proaktiv dabei unterstützen:
Anforderungen klären Da jeder Job und jede Situation andere soziale Kompetenzen erfordert, sollte zu Beginn geklärt werden: Welche brauche ich überhaupt? Welche davon sind wichtiger als andere?
Status quo analysieren Als Nächstes müssen die Personen feststellen, wie gut (oder schlecht) sie bisher in den erforderlichen Kompetenzen abschneiden. Am besten analysieren sie dies anhand konkreter Situationen in der Vergangenheit. Ausserdem können sie Kolleg*innen, Führungskräfte oder auch Personen im privaten Umfeld nach deren ehrlicher Einschätzung fragen.
Verbesserungsbedarf feststellen Anhand der Erkenntnisse aus den Punkten 1 und 2 lässt sich ermitteln, in welchen Kompetenzen sich die betreffenden Personen verbessern müssen.
Massnahmen ergreifen Damit sie nicht in der Theorie stehen bleiben, müssen die Personen nun geeignete Massnahmen auswählen, zum Beispiel Trainings, Coachings oder Selbstlernprogramme. Auch ein Mentoring durch andere, erfahrene Personen kann eine grosse Hilfe sein. Die Personalabteilung und die Führungskräfte unterstützen bei der Auswahl.
Soziale Kompetenzen täglich anwenden Unsere soziale Kompetenzen beruhen oft auf jahrelangen Verhaltensweisen und Gewohnheiten. Es braucht Zeit, sie zu verändern. Um neue Verhaltensmuster zu entwickeln, müssen die Personen ihre Erkenntnisse täglich anwenden. Sie sollten sich überlegen, wie sie in bestimmten Situationen handeln oder reagieren sollten und dann bewusst darauf achten.
Regelmässiges Feedback einholen Durch regelmässiges Feedback durch ihr Umfeld können die Personen feststellen, wo sie sich weiter verbessern müssen – und wo sie bereits Fortschritte gemacht haben. Zum Beispiel können sie ein monatliches Feedback-Gespräch mit ihrer Führungskraft vereinbaren.
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