Anspruch auf Arbeitszeugnis: Rechtslage, Inhalt und Beurteilungskriterien

Drei Mitarbeiter sitzen an einem Tisch

Alle ausscheidenden Arbeitnehmende haben Anspruch auf ein Arbeitszeugnis – doch müssen sie dieses Zeugnis aktiv einfordern. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Auflagen Arbeitgeber erfüllen müssen und welchen Gestaltungsspielraum sie haben. Zudem bekommen HR-Verantwortliche konkrete Punkte an die Hand, die in jedes Arbeitszeugnis gehören.

Key Facts: 

  • Alle Arbeitnehmende hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis.

  • In der Schweiz gibt es Vollzeugnisse, Teilzeugnisse (Arbeitsbestätigungen), Zwischenzeugnisse, Schlusszeugnisse und Lehrzeugnisse.

  • Das Arbeitszeugnis muss der Wahrheitspflicht entsprechen und wohlwollend formuliert sein.

Was ist ein Arbeitszeugnis? 

Nach Gesetz (Art. 330a OR) können Arbeitnehmende vom Arbeitgeber jederzeit ein Zeugnis verlangen. Ein während des Arbeitsverhältnisses ausgestelltes Zeugnis ist ein Zwischenzeugnis, nach dessen Beendigung wird ein Schlusszeugnis ausgestellt.

Wann und unter welchen Auflagen Sie ein Zeugnis ausstellen, können Sie im Arbeitsvertrag verankern.

Sollte der Arbeitgeber kein Zeugnis ausstellen, obgleich Mitarbeitende unter Berücksichtigung arbeitsvertraglicher Fristen darum bitten, macht dieser sich schadensersatzpflichtig.

Zeugnisarten in der Schweiz

Es gibt folgende Arbeitszeugnisse: 

  • Qualifiziertes Arbeitszeugnis / Vollzeugnis, 

  • Arbeitsbestätigung / Teilzeugnis,

  • Zwischenzeugnis,

  • Schlusszeugnis, 

  • Lehrzeugnis. 

Ein Vollzeugnis informiert über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über die Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmenden. 

Das Teilzeugnis, auch Arbeitsbestätigung genannt, liefert lediglich Angaben über die Dauer und Art des Arbeitsverhältnisses. 

Zeugnisse während der Anstellung 

Arbeitnehmende können jederzeit ein Zwischenzeugnis verlangen, auch wenn noch keine Kündigung erfolgt ist. Wenn der oder die Vorgesetzte wechselt, ist den Arbeitnehmenden grundsätzlich automatisch ein Zwischenzeugnis auszustellen. 

Zeugnisse nach Beendigung des Dienstverhältnisses 

Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis oder auch Vollzeugnis ist das umfassendste Zeugnis und beinhaltet Informationen über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses und über die Leistung und das Verhalten des oder der Arbeitnehmenden. Oft enthält es auch Angaben zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. 

Eine Arbeitsbestätigung oder auch Teilzeugnis beinhaltet lediglich die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses, jedoch keine Angaben zu den Auflösungsgründen des Arbeitsverhältnisses.

Das Lehrzeugnis wird dem Lehrling nach Abschluss einer Lehre ausgestellt. Es beinhaltet Angaben über den erlernten Beruf, die Dauer der Lehre und über die Fähigkeiten, die Leistungen und das Verhalten des Lehrlings.   

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Aufbau und Inhalt 

Anspruch auf bestimmte Formulierungen haben Arbeitnehmende nicht, jedoch können und sollten sie die Inhalte vorher mit ihren Vorgesetzten besprechen. Oft lassen Unternehmen Mitarbeitende ihr Zeugnis auch selbst formulieren. Das spart den Vorgesetzten Zeit und führt in der Regel zu einem guten Ergebnis. Denn die Arbeitnehmenden wissen selbst am besten, was sie (wie) geleistet haben.

Das qualifizierte Arbeitszeugnis fällt umfangreicher aus; es enthält eine Beurteilung des oder der Arbeitnehmenden, die meist auf einer bis zwei Seiten ausformuliert ist. 

Das qualifizierte Arbeitszeugnis / Vollzeugnis sollte folgende Punkte enthalten:

  • Personalien 

wie Name, Geburtsdatum, Bürgerort und Angaben zur Stellung im Betrieb wie Anstellungsdauer, Arbeitsort und letzte Funktion. 

  • Beschreibung der Tätigkeit: 

In welcher Abteilung waren Arbeitnehmende, welche Rolle(n) bzw. Verantwortlichkeiten hatten sie, und gab es Beförderungen?

  • Angaben zum Fachwissen des oder der Arbeitnehmenden: 

Welches Fachwissen wurde bereits mitgebracht und welches Fachwissen wurde während der Anstellungsdauer durch Weiterbildung erworben?

  • Beurteilung der Leistung und des Verhaltens

Dabei geht es um die Punkte Leistungsbereitschaft, Belastbarkeit, Identifikation mit dem Unternehmen, Vertrauenswürdigkeit, Führungsqualitäten, Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitenden und Kunden bzw. Kundinnen etc. 

  • Austrittsgründe

Der Austrittsgrund kann im Zeugnis erwähnt werden, wenn der Arbeitnehmende dies wünscht. 

  • Schlusssatz: 

Danksagung für die gute Zusammenarbeit und Wünsche für die berufliche Zukunft des oder der Mitarbeitenden.

  • Ausstellungsdatum: 

Dieses sollte das Datum des formellen Austritts sein. 

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Das besagt die Wahrheitspflicht

Das Arbeitszeugnis muss wahre und vollständige Angaben enthalten. Insbesondere sollten auch negative Punkte, die für die Leistung oder das Verhalten der Arbeitnehmenden von Bedeutung sind, erwähnt werden. 

Es dürfen keine codierten Zeugnisse ausgestellt werden. Unklare und mehrdeutige Formulierungen sind verboten. 

Das besagt die Wohlwollenspflicht: Mit einem Zeugnis sollten Arbeitgeber den Arbeitnehmenden wohlwollend gegenübertreten, das heißt, sie sollen ihnen keine Steine in den Weg legen. Natürlich bedeutet das nicht, dass ein Zeugnis immer gut ausfallen muss. Vielmehr geht es darum, Tatsachen zu benennen und weniger zu interpretieren sowie unwichtige Punkte wegzulassen. 

Formelle Kriterien beim Arbeitszeugnis

Je nachdem, wer die Personalverantwortung über den oder die Mitarbeitende hat, muss am Ende der oder die Geschäftsführende, Inhaber:in, Vorstand oder die vertretungsberechtigte Person, wie die Abteilungsleitung oder die Prokurist:innen, das Zeugnis unterschreiben. Die Person muss in jedem Fall ranghöher sein. Mitarbeitende, die der Geschäftsführung unterstellt sind, haben Anspruch auf ihre Unterzeichnung.

Alles zum Bewerber-Screening und weshalb dieses trotz Fachkräftemangel wichtig ist, erfahren Sie hier: Strenges Bewerber-Screening ist wichtig.

Arbeitsrecht in der Schweiz: Ansprüche und Pflichten 

Wann haben Mitarbeitende Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Mit jeder Kündigung haben Arbeitnehmende Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Allerdings müssen nicht Sie als Arbeitgeber initiativ werden, sondern die Arbeitnehmenden – sie müssen das Zeugnis ausdrücklich verlangen. 

Ist absehbar, dass ein Arbeitsverhältnis bald endet – etwa, weil der Arbeitgeber eine Kündigung ausgesprochen oder einen Aufhebungsvertrag hat -, haben die Arbeitnehmenden schon vor Ende des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein Zeugnis. Auf ein Zwischenzeugnis haben die Arbeitnehmenden jederzeit Anspruch. 

Die Arbeitnehmenden können das Arbeitszeugnis auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangen. Der Anspruch verjährt erst zehn Jahre danach. 

Je nachdem, was im Arbeitsvertrag festgehalten wurde, haben die Mitarbeitenden bereits nach wenigen Wochen Tätigkeit Anrecht auf eine Beurteilung in Form eines qualifizierten Arbeitszeugnisses.

Wenn Sie als Arbeitgeber mit der Erstellung eines Zeugnisses deutlich länger brauchen, als die Mitarbeitenden oder der Vertrag es verlangen, benötigen Sie einen guten Grund. Ein Beispiel dafür kann eine erhöhte Nachfrage nach Zeugnissen im Zuge einer Massenentlassung sein. 

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Beurteilung eines Arbeitszeugnisses 

Wichtige Kriterien

Den einzelnen Formulierungen sollte nicht zu viel Gewicht beigemessen werden, weil diese unterschiedlich gemeint sein können, abhängig davon, ob ein Arbeitszeugnis von einem oder einer Vorgesetzten in einem kleinen Unternehmen oder einer HR-Fachperson eines grösseren Unternehmens erstellt wurde. 

Wichtige Kriterien sind die Art und der Inhalt der beschriebenen Tätigkeit, wie lange der oder die Arbeitnehmende beim Unternehmen tätig war, Angaben zu seiner oder ihrer Leistung und Verhalten sowie, falls erwähnt, der Grund für den Austritt aus dem Unternehmen. 

Checkliste für Arbeitgeber 

Stellen Sie jemanden ein? Nachstehend finden Sie eine Checkliste mit Punkten, auf die Sie bei der Beurteilung eines Arbeitszeugnisses achten sollten: 

  • Liegt für jede Stelle ein Arbeitszeugnis vor?

  • Werden Gründe vorgebracht, warum nur Arbeitsbestätigungen anstatt Vollzeugnisse ausgestellt wurden?

  • Stimmen die zeitlichen Angaben über Eintritt / Austritt mit den Angaben im Lebenslauf überein?

  • Werden alle wichtigen Tätigkeitsfelder beurteilt, oder bleiben wichtige Aufgabenfelder unkommentiert?

  • Ausscheidungsgründe: Ist beschrieben, weshalb der oder die Arbeitnehmende aus dem Unternehmen ausgetreten ist?

Fazit

Als Arbeitgeber stehen Sie in der Pflicht, allen Angestellten ein Arbeitszeugnis auszustellen. Dieses muss den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. So soll es der Wahrheitspflicht entsprechen, gleichzeitig soll es aber wohlwollend formuliert sein. Personio unterstützt Sie bei der Erstellung von Arbeitszeugnissen. 

Häufig gestellte Fragen

Ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, ein Arbeitszeugnis auszustellen?

Ja, bis zehn Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. 

Wie schnell muss der Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis ausstellen? 

Sobald der oder die Arbeitnehmende dieses verlangt. 

Nach welchen Kriterien sollte ein Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis beurteilen? 

Sehen Sie sich dazu die Checkliste an: Checkliste Arbeitszeugnis.

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